Anwendungsbereich und Ziele der Seveso-III-Richtlinie
Die Seveso-III-Richtlinie gilt seit dem 13. August 2012. Die Mitgliedstaaten müssen die Vorschriften seit dem 11. Juni 20151 anwenden. Sie erfasst mehr als 12 000 Industriebetriebe in der Europäischen Union, in denen in großen Mengen gefährliche Stoffe verwendet oder gelagert werden, hauptsächlich in der chemischen und petrochemischen Industrie sowie im Kraftstoffgroßhandel und in der Kraftstofflagerung (einschließlich LPG und LNG). Die Definition des Begriffs "Betrieb" enthält Art. 3 der Richtlinie: Es handelt sich um den gesamten unter der Aufsicht eines Betreibers stehenden Bereich, in dem gefährliche Stoffe in einer oder in mehreren Anlagen, einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten, vorhanden sind (siehe Schlussanträge in der Rechtssache C-158/15 Elektriciteits Produktiemaatschappij Zuid-Nederland, Randnr. 33-36). Die Betriebe sind entweder Betriebe der unteren Klasse oder Betriebe der oberen Klasse, je nach der Menge der vorhandenen gefährlichen Stoffe. In Art. 2 enthält die Richtlinie eine Liste der Betriebe, die (immer) in ihren Anwendungsbereich fallen: an Land gelegene unterirdische Gasspeicheranlagen in natürlichen Erdformationen, Aquiferen, Salzkavernen und stillgelegten Minen und chemische und thermische Aufbereitungsmaßnahmen und die mit diesen Maßnahmen in Verbindung stehende Lagerung, die gefährliche Stoffe umfassen, sowie in Betrieb befindliche Bergebeseitigungseinrichtungen, einschließlich Bergeteichen oder Absetzbecken, die gefährliche Stoffe enthalten.
Andererseits sind einige Betriebe vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen: zum Beispiel militärische Einrichtungen, durch ionisierende Strahlung, die von Stoffen ausgeht, entstehende Gefahren, die Beförderung gefährlicher Stoffe, die Gewinnung von Mineralien, die unterirdische Offshore-Speicherung von Gas oder Abfalldeponien, einschließlich unterirdischer Abfalllager. Diese Industriebetriebe unterliegen anderen Rechtsvorschriften auf Unions- oder nationaler Ebene, die im Prinzip ein gleichwertiges Sicherheitsniveau gewährleisten.
Das Hauptziel der Seveso-III-Richtlinie besteht darin, allgemeine Verpflichtungen der Betreiber und Anforderungen an die zuständigen Behörden festzulegen, um schwere Unfälle zu verhindern. Um die Gefahr von Domino-Effekten zu verringern, wenn aufgrund des Standorts und der Nähe von Betrieben eine erhöhte Wahrscheinlichkeit schwerer Unfälle besteht oder diese Unfälle folgenschwerer sein können, sollten Betreiber beim Austausch geeigneter Informationen und bei der Unterrichtung der Öffentlichkeit, einschließlich benachbarter Betriebe, die betroffen sein könnten, zusammenarbeiten.
Die Seveso-III-Richtlinie verlangt auch eine stärkere Einbeziehung der betroffenen Öffentlichkeit. Und nicht zuletzt berücksichtigt sie auch bestimmte technische europäische und internationale Änderungen bei der Einstufung von Chemikalien.