EU Water Law

SCHMUCKBILD + LOGO

INHALT

BREADCRUMB

Behandlung von kommunalem Abwasser

 

Eine wichtige und mit am häufigsten angefochtene Bestimmung der Richtlinie ist die in Artikel 4 enthaltene Vorgabe, dass in Kanalisationen eingeleitetes kommunales Abwasser einer Zweitbehandlung oder einer gleichwertigen Behandlung zu unterziehen ist, d. h. „durch eine biologische Stufe mit einem Nachklärbecken oder ein anderes Verfahren“, bei dem bestimmte Anforderungen in Bezug auf Konzentrationsgrenzwerte und ein Mindestprozentsatz der Verringerung der Gesamtbelastung eingehalten werden (Artikel 4 und Anhang I). Darüber hinaus muss kommunales Abwasser bei Einleitungen in Binnengewässer und Ästuare aus Gemeinden mit weniger als 2000 EW und bei Einleitungen in Küstengewässer aus Gemeinden mit weniger als 10000 EW eine „geeignete Behandlung“ erfahren, d. h. „durch ein Verfahren und/oder Entsorgungssystem, welches sicherstellt, dass die aufnehmenden Gewässer den maßgeblichen Qualitätszielen sowie den Bestimmungen dieser und jeder anderen einschlägigen Richtlinie der Gemeinschaft entsprechen“ (Artikel 2 Absatz 9 und Artikel 7).

Gegen die Mitgliedstaaten, die diesen Anforderungen noch immer nicht nachkommen, werden heutzutage hohe Geldstrafen verhängt. Beispielsweise wurde Griechenland zur Zahlung eines Pauschalbetrags von 10.000.000 Euro und zu einer periodischen Zahlung von 3.640.000 Euro pro Halbjahr bis zur vollständigen Abstellung der vom Gericht festgestellten Vertragsverletzung verurteilt. Interessanterweise soll die periodische Zahlung für jeden Sechsmonatszeitraum um einen Prozentsatz reduziert werden, der dem Verhältnis zwischen der Anzahl der Einwohnerwerte der verbleibenden nicht konformen Gemeinden am Ende des Zeitraums und der Anzahl der betroffenen Gemeinden zum Zeitpunkt des Urteils entspricht (Rechtssache C-167/14, Kommission gegen Griechenland). Dagegen wurde Portugal, bei dem es nur um eine einzige Gemeinde ging, zur Zahlung von 8.000 Euro für jeden Tag des Verzugs bei der Umsetzung der zur Einhaltung der Vorschriften erforderlichen Maßnahmen und zu einer Pauschalzahlung von 3.000.000 Euro verurteilt (Rechtssache C-557/14 Kommission gegen Portugal).

Der Gerichtshof stellte fest, dass sich die Mitgliedstaaten, selbst wenn es sich um eine große Zahl kleiner Gemeinden handelt, nicht auf materielle, technische und finanzielle Zwänge berufen können, weil „der Unionsgesetzgeber den Mitgliedstaaten im Bewusstsein des für die Anwendung der Richtlinie notwendigen Umfangs der Infrastrukturarbeiten und der mit der vollständigen Umsetzung der Richtlinie verbundenen Kosten eine Frist von mehreren Jahren für die Erfüllung ihrer Verpflichtungen zugestanden hatte“ (Rechtssache C-395/13 Kommission gegen Belgien, Randnr. 51). Da jedoch die Kommission allein für die Entscheidung zuständig ist, ob es angebracht ist, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, und wegen welcher dem betroffenen Mitgliedstaat zuzurechnenden Handlung oder Unterlassung dieses Verfahren zu eröffnen ist, verfolgt sie eine allgemeine Praxis, wonach sie ein solches Verfahren ungeachtet des in der Richtlinie aufgestellten Erfordernisses einer Sammelquote von 100 % lediglich in Bezug auf Gemeinden mit einer Sammelquote von weniger als 98 % oder dann einleitet, wenn der nicht gesammelte Restanteil von 2 % einem EW von 2000 oder mehr entspricht (Rechtssache C-395/13, Kommission gegen Belgien, Randnr. 33).